Taphrina - Narren in der Vorsaison

Von Heiko Frauenberger, Bibra

Die Obstbäume standen in voller Blüte, es gab zu dieser Zeit keine Nachtfröste und die Bienen schienen nicht mit Streik auf den üblichen Diebstahl ihres Honigs durch den Imker zu reagieren. 
Also sind die Erwartungen hinsichtlich einer reichen Obsternte nicht unbegründet - glaubt man.
Aber den üblichen Ärgernissen des Gärtnerdaseins (Wühlmaus, Blattläuse, Schnecken, ...) kann -
wohl besonders bei anhaltend feuchtem Wetter im Frühjahr - Taphrina ein weiteres hinzufügen.

Bei Taphrina handelt es sich nicht um die Frau des Landmanns, sondern - wie bei einem Artikel in dieser Zeitung eigentlich nicht anders zu erwarten - um Pilze. Und zwar um parasitische Schlauchpilze, die Farne und Blütenpflanzen befallen. Bei ihren Wirten rufen diese Parasiten Blattflecken, Kräuselung der Blätter, abnorme Verästelungen der Zweige und Wucherungen der Früchte hervor. 

Besonders das Außer-Rand-und-Band-Geraten der Früchte ist schon eine bemerkenswerte Narretei.
Da die betroffenen Früchte neben ihrem sonderbaren Wachstum außerdem auch hohl werden, der Stein wird beispielsweise bei Zwetschgen gar nicht erst angelegt, erfand der Volksmund die treffliche Bezeichnung "Narrentasche". Der Pilz selbst tritt kaum in Erscheinung. Lediglich ein grauer Überzug auf den verunstalteten Früchten deutet auf seine Existenz hin. Hier sind die Sporen zu finden, die die neuerliche Infektion der Wirte garantieren. 

Pflaumen-Narrentasche Taphrina pruni an Schlehe Prunus spinosa

Pflaumen-Narrentasche Taphrina pruni an Schlehe Prunus spinosa  Foto: Karin Montag

Die betroffenen Früchte gelangen nicht zur Reife.
Sie vertrocknen und fallen vorzeitig ab - sehr zum Verdruß des Gärtners. Auch wenn glücklicherweise nicht alle Früchte eines Baumes befallen sind, kommt es doch vor, daß einige wohl gerade noch mit einem "blauen Auge" davongekommen sind. Die Fruchtschale ist dann an einer Seite narbig rauh, das darunterliegende Fruchtfleisch verknorpelt. Hier scheint es, als sei die Invasion des Parasiten gerade noch abgewendet worden.

Etwa 30
Taphrina-Arten werden unterschieden.
Für närrische Früchte bei Zwetschge (Prunus domestica), Traubenkirsche (Prunus padus) und
Schlehe (Prunus spinosa) wird Taphrina pruni verantwortlich gemacht.
Für die gefürchtete Kräuselblättrigkeit der Pfirsichbäume sorgt Taphrina deformans.

Unnatürliche Verästelungen der Zweige durch Aktivierung schlafender Knospen bei Kirschbäumen, Birken und Hainbuchen, sogenannte "Hexenbesen", können auch auf das Konto des Pilzes gehen. Für Birken (Betula spec.) wird laut Literatur Taphrina betulina angegeben. Allerdings muß man sich vor Rufmord hüten, denn Hexenbesen können auch durch Milbenbefall ausgelöst werden. Als Unterscheidungsmöglichkeit gilt, daß pilzbedingte Besenzweige innerhalb des Knäules an der Basis verdickt sind. Milben bewirken dies nicht.

Da die Hexenbesen meist in luftiger Höhe zu finden sind,
sollte für die nächste Pilzexkursion heimlich ein Fernglas zur Ausrüstung genommen werden.
Heimlich deshalb, weil sonst der "Pilz-Narr" in den Augen seiner Mitmenschen Hochsaison hat ...

Weiterführende Literatur zu Taphrina und zu verwandten Themen:

Autoren dieser Bücher sind Ella May Martin, Arthur Jackson Mix, Brent-Heath.I., M.-L.Ashton,
W. C. Moore und Margaret Redfern.  zur Tintling-Hauptseite .