Kompost-Riesenschirmling Chlorophyllum_brunneum

Kompost-Riesenschirmling Chlorophyllum brunneum

Der Gift-Riesenschirmling - Macrolepiota venenata Bon

Porträt eines äußerst seltenen Fundes im Saarland 18. 01. 98
von Ralf Martin und Armin Groß. Abbildungen im Tintling 2/1998 (Heft 10)

Beim monatlichen Treffen der Pilzfreunde Saar Pfalz in Bexbach brachte uns Vereinsmitglied Erhart Nieder im Oktober 97 Riesenschirmlinge aus seinem Garten . Die Vermutung unseres Vorsitzenden Harry Regin , der schon im September, den durch eine Trockenperiode verkümmerten Erstschub, im jungen Stadium beobachtete, sollte sich nun bestätigen.
Das Vorkommen im Garten auf Kompost , die extrem große stark abgesetzt gerandete Knolle ,die wir so markant bei Funden der Gattung Macrolepiota noch nicht gesehen haben, und rötendes Fleisch waren u. a. für uns der Ausgangspunkt, daß wir es hier entweder mit der Gartenform des Safranschirmlings Macrolepiota rachodes var. hortensis oder sogar mit dem Gift-Riesenschirmling Macrolepiota venenata Bon zu tun haben.

Da die Artabgrenzung der Gattung Macrolepiota recht schwierig ist, legten wir besonderen Wert auf die makroskopische Aufzeichnung mit aussagefähigen Fotos und einem Exsikkat als Belegmaterial.
Nach eingehender Überprüfung aller makroskopischen und mikroskopischen Merkmale im Vergleich mit der Literatur kamen wir zu dem Ergebnis, daß es sich hier um den Gift - Riesenschirmpilz Macrolepiota venenata handelt. Laut Verbreitungsatlas der Großpilze Deutschlands / Band 1 von German J. Kriegelsteiner sind bisher nur wenige Funde im Bundesgebiet gemeldet. Anzumerken ist noch an dieser Stelle, daß die Exsistenz von Venenata Bon umstritten ist oder sogar angezweifelt wird.
Die Suche nach mikroskopischen Aufzeichnung in der Literatur gestaltete sich besonders bei M. venenata als recht schwierig. Fündig wurden wir in der ital . Zeitschrift Bolletino in einem Aufsatz von Carmine Lavorado AMB. XXXII 5-6 . p. 272-282 1989, der sich mit der Problematik in der Gattung Macrolepiota speziell mit den Arten Rachodes var. rachodes , Rachodes var. bohemica (Wich.) (=M. rachodes hortensis Pilat) und M. venenata befaßt. An dieser Stelle geht unser besonderer Dank an die Redaktion des Tintlings.

Auflistung wichtiger Fundmerkmale von Venenata Bon im Vergleich mit M. rachodes var hortensis (n. Lit) M.venenata Bon  rachodes var. hortensis (nach Lit.)
Makromerkmale extrem große und stark abgesetzt gerandete Knolle, die stark substratbehaftet wie paniert erscheint mehr zwiebelknollig bis leicht gerandet
Hutoberfläche Schuppen dunkelbraun mit starkem  Kontrast zum weißlichen Untergrund, Anordnung der Schuppen variabel  Schuppen mehr rotbraun, Anordnung der Schuppen mehr konzentrisch
Ring  einfach, fest doppelt, robust, dick
Vorkommen stark büschelig direkt  und auf fertigem Kompost im Garten mehr gesellig bis einzeln in Garten und in Parkanlagen
Mikromerkmale keine Schnallen gefunden vereinzelt Schnallen
  Basidien ohne Basalschnallen 38-50 m m x 11-13 µm Basidien mit Basalschnallen und kleiner 30-45 m m x 8-12µm
Sporen  (10) 10,5m m -12,5 (13,6) x 7-8 µm Sporen kleiner : ~ 8-11,5 x 5-8 µm
Cheilozysiden keulig mit kopfig- ballonartigem Oberteil, 35-50m m x 12-16 µm kleiner und blasiger, 13-35m m x 9-18 µm
Hutdeckschicht Zellen mehr kopfig als keulig, 45-85 µm (112) x 12-20 µm  schlank keulig, wellig bis leicht kopfig, 35-95 µm x 7-15 µm
     

Anmerkung: die Mikroskopische Aufzeichnungen von C. Lavorato im Bolletino 1989 stimmen mit den Ergebnissen unseres Fundes weitgehend überein.

In "Pilze der Schweiz Bd. 4" und bei Lavorado im Bolletino wird darauf hingewiesen , daß das völlige fehlen von Schnallen als Art-typisches Merkmal von venenata in der Praxis schwierig zu beurteilen ist, weil bei M. rachodes var. rachodes und var. hortensis oft erst nach intensivem Suchen vereinzelt Schnallen festgestellt werden.

Was die Giftigkeit von M. venenata betrifft, gehört er zu der Gruppe, die ein  Gastroindestinales Syndrom verursachen. Er soll in Frankreich und dem Gebiet der früheren DDR zu mehr oder weniger heftigen Magen-Darm - Erkrankungen geführt haben. Bei der Gartenform des Safranschirmpilzes var. hortensis geht man davon aus. daß seine "Giftigkeit" wahrscheinlich nur auf Verwechslung mit M. venenata zurückzuführen ist. 
Zur Vervollständigung unseres Porträts führen wir noch als Anlage eine abschließende Zusammenfassung aller makroskopischen und mikroskopischen Merkmale sowie Mikroskizzen unseres Fundes auf.
Ein besonderer Dank geht an Herrn Peter Keth, der eine Nachbestimmung für uns durchgeführt hat.

Da die Artabgrenzung innerhalb der Gattung Macrolepiota nach wie vor mit großen Schwierigkeiten behaftet ist (Zitat: Marcel Bon), hoffen wir Euch einen interessanten Fund vorgestellt zu haben und sind für jeden Hinweis dankbar, der sich mit dieser Problematik beschäftigt.

Wer kann eine Aussage machen über folgende Fundmerkmale, über die wir in der Literatur keinen Nachweis gefunden haben:
- leicht faulig unangenehmer Geruch.
- blau-grünlicher Schimmer beim Blick auf die Lamellenschneide noch junger Fruchtkörper.
Wer besitzt die komplette Übersetzung ins Deutsche vom Aufsatz "Osservazioni su Alcune Macrlepiota"von C. Lavarado im Bolletino 32/ 5-6 /1989, oder wer könnte eine Übersetzung anbieten oder vermitteln? (~ 6 Seiten)

Beochbachtungen, Hinweise und Fragen an:
Armin Groß, Härtelhohl 27, 66646 Marpingen Tel. 06853 / 1301
Ralf Martin, Dörrenbacherstr. 44, 66564 Fürth, Tel. 06858 / 1474

Verwendete Literatur:
Bon/ Pareys Buch der Pilze 291
Michael - Hennig -Kreisel 1964 Bd. 3 / 16
Breitenbach - Kränzlin - Pilze der Schweiz- Bd 4 Teil 2
2000 Pilze Rudolf Winkler 242 - 244
Roger Phillips - der Kosmos Pilzatlas 25
Bollmann A., Gminder A. Reil P. 1996 Abbildungsverzeichnis Mitteleuropäischer Großpilze
Dähnke R. 700 Pilze
Krieglsteiner G. J. Verbreitungsatlas der Großpilze Deutschland
Carmine Lavorato: Osservazione su Alcune Macrolepiota - Zeitschrift Bolletino 32/ 5-6 / 1989
Zeitschrift Bolletino 25/ 3-4 / 1982
M. Candusso - G. Lanzoni, Fungi europai- 4 -Lepiota
Volkbert Kell- Giftpilze

Zusammenfassung aller Fundmerkmale des Gift-Riesenschirmlings- Macrolepiota venenata Bon
Familie: Agaricaceae / Gattung: Macrolepiota
Art : Macrolepiota venenata Bon - Gift -Riesenschirmling
Finder: Erhart Nieder, Funddatum: 23.10. 1997
Fundort : Oberbexbach ,Martin-Lutherstr. 12 MTB 6606.2
Ökologie: Garten, auf fertigem, feinkörnigen , sägemehlhaltigen Kompost (Substratprobe vorhanden.)
Fund:  12 Exemplare / 5 noch brauchbar / zusätzlich alte veschimmelte Reste von Erstschub Sept.
Makromerkmale:
Hut:
5-18 cm, jung halbkugelig später ausgebreitet, fast alle Hüte abgeflacht, Oberfläche in der Hutmitte größerflächig dunkelbraun samtig. Von der Mitte nach außen grobschollig aufreißend. Die variable Anordnung der dunkelbraunen Schuppen bildet einen starken Kontrast zum weißlichen Untergrund.
Lamellen: am Stiel frei, gedrängt, breit, weißlich, später rotbraun fleckend und Schneiden leicht schwärzend.
Junge Fruchtkörper mit blau-grünlichem Schimmer beim Blick auf die Lamellen.
Stiel: weißlich,glatt,faserig,nicht genattert,fest, zylindrisch, eng hohl. Bei Verletzung kurz orange jedoch schnell trübrötlich später bräunend. Durchmesser: 1,5-3 cm / Länge: 8-15cm
Ring: einfach, fest, leicht schuppig, unterseits matt, oberseits heller.
Stielbasis: große bis 5,5 cm breite stark abgesetzt gerandete Knolle. Durch das stark anhaftende Humussubstrat erscheint sie wie paniert.
Wachstum: stark büschelig, an den Knollen verwachsen. Wohl bedingt durch dieses Wachstum wachsen fast alle Stiele schief aus der Knolle.
Fleisch: weiß, fest . Im Schnitt > siehe Stiel.
Geruch: leicht faulig, unangenehm.
Geschmack: keine Angabe
Makrochemische Reaktion: mit FeSO 4 sofort blau grünlich. Anmerkung: Test auch bei verschiedenen anderen rötenden und nicht rötenden Macrolepiota Arten durchgeführt, bei denen sich die blau-grüne Färbung entweder nicht, schwach oder wesentlich später einstellte.
Mikromerkmale:
Sporenpulver:
weiß, dextrinoid
Sporen: eiförmig- oval mit leicht gekrümmtem Apiculus und abgeflachtem Keimporus. Nach Einfärben mit Brillantkresylblau metachromatisch. Maße: (10) 10,5-12,5 µm(13,5) x 7-8 µm
Cheilozystiden:
schlank keulig, im Oberteil rund ballonartig, im Ansatz länglich flaschenhalsförmig.
Maße: 35-50 x12-16 µm Mikroreagenz: 5% KOH - Kongoammoniak
Basidien: 4sporig, keulig, unseptiert - ohne Schnallen- Maße: 38-50 µm x 11-13 µm Mikroreagenz: 5% KOH/ L4 T - Kongoammoniak
Lamellentrama:
dünnwandig verzweigte Hyphen, septiert, ohne Schnallen
Mikroreagenz: L4 T - Kongoammoniak
Hutdeckschicht: Epikutis mit schlank-keuligen bis kopfigen Endhyphen. Die dünnwandigen Generativhyphen sind verzweigt und septiert, aber ohne Schnallen. Die Hyphenpigmente sind membranär. Maße: 45-85 µm ( 112) x 12-20 µm.

Der ist Pilz nah verwandt mit dem Kompost-Riesenschirmpilz Chlorophyllum brunneum
möglicherweise sogar konspezifisch

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