PomPom-Pilz, Affenkopfpilz, Stachelschwamm Hericium erinaceus

PomPom-Pilz, Affenkopfpilz, Stachelschwamm Hericium erinaceus

„Herr Aschenbach, haben Sie Pilze gegessen?“

„Nein, wie oft soll ich denn diese Frage noch beantworten?“ „Bitte, versuchen Sie sich genau zu erinnern, selbst eine Champignonsoße vor über einer Woche wäre wichtig.“ „Mir fällt wirklich nichts ein.“ „ Na gut. Wissen Sie was? Wenn Sie können, notieren Sie alles, was Sie in den letzten, sagen wir, zehn bis zwölf Tagen zu sich genommen haben. Wenn Sie sich zu krank dazu fühlen, rufen Sie eine Schwester. Es ist wirklich wichtig. Ich habe morgen früh Dienst und werde mich bei Ihnen melden. Wir dürfen nichts unversucht lassen.“

„Können Sie mich besser behandeln, wenn Sie wissen, ob ich Pilze gegessen habe oder nicht?“
„Nein.“ Sascha Enderlein hatte mit seinen kaum dreißig Jahren noch eine Menge Illusionen, die der Ärztegeneration nebenan im Clubheim längst abhanden gekommen waren. Es wäre müßig, sich jetzt weiter in den Fall vertiefen zu wollen. Vor morgen konnte man nichts tun. Oder doch? Angenommen, die vierköpfige Familie hätte Recht und hätte auf dem Wochenmarkt Giftpilze als Pfifferlinge gekauft. Dann würden noch mehr Menschen erkranken oder sogar sterben. Es führte kein Weg daran vorbei, daß diejenigen, die diese Giftpilze essen oder gegessen haben, Opfer einer Nierenschädigung sein würden. Sowohl die Latenzzeit als auch das Ausmaß der Zerstörung der Nierenzellen würde abhängig von der aufgenommenen Menge an Pilzgift sein. Mal weiter angenommen, es gäbe da jemanden, der die Pilze Mitte der Woche gekauft und diese erst am Wochenende zubereitet und gegessen hatte. Dann wäre der dann jetzt zwar vergiftet, aber noch symptomfrei. Man könnte zum jetzigen Zeitpunkt dann noch versuchen, die Nierenschädigung zu verhindern oder wenigstens einzudämmen. Oder: wenn er die Pilze noch nicht zu sich genommen hatte, dann könnte man alles daransetzen dies zu verhindern. Mit diesen Gedanken kam er wieder im Gastraum an. Dort ging das feierabendliche Vergnügen unterdessen weiter, diesmal mit organisatorischen Fragen zur bevorstehenden Weihnachtsfeier, und Sascha Enderlein wurde kaum beachtet. Sein Versuch das Thema erneut aufzugreifen, wurde eher gelangweilt zur Kenntnis genommen. „Wie würdest du das denn anstellen wollen?“ raffte sich der gemütliche Dr. Schwacke endlich als einziger zu einer Antwort auf. „Willst du jetzt mit dem Lautsprecherwagen durch die Stadt fahren und alle, die Pilze gegessen haben, ins Krankenhaus schicken?
Fortsetzung andernorts

Tintling 3/1996  Siehe auch die Seiten zu einzelnen Medizinalpilzen