Schopftintling Coprinus comatus Roger Liggenstorfer. Es hat schon seinen Grund, daß Edi mit seiner Sammel- und Verteilstelle mitten in der Wildnis zu einem erklecklichen Vermögen gekommen ist. Trotz der Hochachtung, die die beiden durchaus füreinander empfanden, konnte sich keiner irgendwelcher neckischen Spötteleien zum Abschied enthalten. Diesmal war die Reihe an Karljohan, der unbedingt loswerden mußte, daß die Pfifferlinge, die er gestern bei Jean-Claude Sournois in Fontainebleau erworben hatte, so winzig klein und appetitlich waren, daß die Kunden sie ihm förmlich aus der Hand gerissen haben. Und dabei hatten sie nur die Hälfte gekostet. „Soll nur so weitermachen“ konterte Edi, „dann wird er sich bald selber die Existenzgrundlage entziehen. Unreife Pilze pflückt man nicht. Erstens sind sie unreif nicht zweifelsfrei zu erkennen, zweitens nimmt man ihnen damit die Möglichkeit der Sporenverbreitung und wird sie daher über kurz oder lang ausrotten.“ „Pah, ausrotten, jetzt kommst du alter Verbrecher mir auch noch mit dem Naturschutz, ist ja ganz neu. Ich sag dir was, mein Freund, das einzige Kriterium für mich ist das Gesetz von Nachfrage und Angebot. Diese Nachfrage werde ich so gut ich kann, mit meinem Angebot befriedigen. Und wenn meine Kunden verrückt sind nach Baby-Pfifferlingen, dann kriegen sie auch welche. Die gestern jedenfalls waren ein Gedicht: bei denen war sogar noch der hauchfeine Schleier zwischen Hut und Stiel zu erkennen.“ „Bist du eigentlich sicher, daß du da auch Pfifferlinge gekauft hast? Pfifferlinge haben keinen Schleier, auch nicht im Jungzustand. Die werden nackt geboren, so nackt wie Menschenkinder.“Fortsetzung folgt -
an anderer Stelle.
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