Austernseitling Pleurotus ostreatus Foto: Peter Stenzel Wir züchten Austernseitlinge auf Klopapier. Zunächst müssen wir die wohlüberlegte Wahl des besten Klopapiers treffen, denn nicht jedes ist gleich gut geeignet. Soft und weich und sechslagig luftgepolstert scheidet aus, weil da erstens zu wenig Holz und zweitens zu viele Fremdstoffe drin sind. Außerdem bewahrt es im Kochtopf nicht die Form. Recyclingpapier scheidet auch aus, weil man nicht weiß was außer hautirritierendem Leim noch alles drin ist. Das Toilettenpapier sollte in jeder Beziehung neu sein, weil bei gebrauchtem die Pilze jedwelchen Geschmack annehmen könnten. (Was im Falle des Austernseitlings vielleicht gar nicht so verkehrt wäre, weil der naturbelassen sowieso nach fast nichts schmeckt.) Aus den genannten Gründen sollte das Klopapier auch unbedruckt sein. Bedrucktes Klopapier ist sowieso die idiotischste Erfindung die ich kenne. Wenn Sie mit unbedrucktem Klopapier nicht leben können, sei Ihnen eine Methode empfohlen, die es gestattet, Klopapier mit dem eigenen Drucker zu bedrucken. Die Kultur des Austernseitlings funktioniert nur auf dazu geeignetem Klopapier: Das harte, einlagige, graue von Hakle auf der 1000-Blatt-Rolle in der blauen Packung mus es sein. Nun haben Sie - nachdem Sie die ganze Stadt danach abgeklappert haben - eine solche Rolle für ungefähr einen Euro erworben und tragen Sie stolz nach Hause. Jetzt dürfen Sie 5 Blatt davon zweckentsprechend verwenden (diesen Luxus sollte man sich einfach gönnen) und der Rest wird gekocht. Sie stecken also die ganze Rolle in einen passenden Kochtopf, in dem schon ein Liter Wasser bei 100 Grad brodelt. Deckel drauf und das Ganze muss nun eine Stunde leise vor sich hin köcheln. Nun kippen Sie den Topfinhalt auf ein Sieb und lassen die Rolle erstens abtropfen und zweitens abkühlen. Die Rolle ist innen nun leidlich steril und ausreichend feucht. Nun ziehen Sie den Pappkern heraus (oder auch nicht) und beimpfen die Rolle mit Körnerbrut, die Sie mit sauberen Händen in die Mitte und an ein paar Stellen zwischen die feuchten Papierlagen stecken. Dann überlassen Sie die Rolle sich selbst und sorgen nur dafür, dass weder austrocknende Sonne noch Schnecken und Mäuse sich an ihr oder den anderen Zutaten gütlich tun. Bei Bedarf können Sie sie mit der Sprühflasche anfeuchten. Nach 2 - 4 Wochen werden aus der Rolle Pilze sprießen. Die können Ihre Kinder dann mit in den Biologieunterricht nehmen. Der Austernseitling ist für diesen Versuch am besten geeignet, weil er nahrungsmäßig keine besonderen Ansprüche stellt und sich fast jedes Substrates überraschend aggressiv bemächtigt. Aus diesem Grund ist er auch hervorragend geeignet, Pappe zu besiedeln und zu zerlegen. |