Die Geschichte der Mykologie

von Heinrich Dörfelt und Heike Heklau.
Eine Buchbesprechung

Dass so ein bedeutender, vor nicht allzu langer Zeit verstorbener großer Mykologe wie Robert Kühner  noch keinen Eingang in die Geschichte der Mykologie gefunden hat, hängt eher damit zusammen, daß die Arbeiten an den Texten, Tabellen und Übersichten des aufwendigen Werkes bereits 1992 abgeschlossen wurden,  als damit, daß man Robert Kühner ebenso „vergessen“ hat, wie einige seiner französischen Kollegen (z.B. Lucien Grélet:).  Die lange Vorbereitungszeit bis zum Erscheinungstermin im Mai 1998 hat sich dennoch durchaus gelohnt:  das  Buch läßt für  diejenigen, die sich für die  mykologische Vergangenheit interessieren, nicht  viele Wünsche offen: hier liegt ein stattliches  Werk vor, das die   Erkenntnisse, Fortschritte und  Irrtümer   über sieben  Jahrtausende in bisher nicht veröffentlichtem Umfang  präsentiert. Die Tatsache, daß bedeutende Mykologen wie der zuvor erwähnte  L. Grélet durch Abwesenheit glänzen, wird  in gewisser Weise dadurch ausgeglichen, daß zahlreiche, bislang völlig unbekannte, mit Pilzen nur am Rande beschäftigte Botaniker erwähnt sind.

Die Geschichte der Mykologie ist alles in allem recht  übersichtlich konstruiert: während die Biographien, die etwa ein Drittel des Gesamtwerkes belegen, alphabetisch geordnet sind, sind andere Teile des  Buches chronologisch, geographisch oder entsprechend  der mykologischen Systematik aufgebaut. So läßt sich trotz all der Fülle jede Information - soweit vorhanden - einfach finden, wozu auch umfangreiche  Register nach verschiedenen Kriterien beitragen.

Die Urheber betrachten ihr Werk nach eigenen Worten  p.p.  als Ergänzung  und  Weiterführung des  Buches „BI-Lexikon der Pilze“, in dem vieles aus Raumgründen  radikal gekürzt werden mußte. Ähnlich verhält es sich mit dieser Rezension: selbst fünf Seiten  würden nicht genügen, um nur annähernd die Leistung der Verfasser darzustellen. Allein das Literaturverzeichnis  umfaßt 56 Seiten, und es wurden keine Mühen gescheut, auch seltenste, älteste und kaum zugängliche Literatur zu beschaffen und professionell auszuwerten. Mit dem Nachschlagewerk haben Dr. Heinrich Dörfelt und Heike Heklau  wirklich Anerkennenswertes realisiert. Ist auch der Titel „Die Geschichte der Mykologie“ etwas zu umfassend geraten (es fehlen nun einmal wichtige Informationen um einen so ausschließlichen Anspruch zu begründen), so enthält das Buch dennoch einen ausgezeichneten Überblick über die mykologische Vergangenheit.

Einige etwas  störende  Mängel sind  wohl nicht  den  Autoren, sondern der Bildredaktion bzw. der Druckerei  anzulasten: die Farbfotos sind  teilweise nicht  sauber gedruckt und die Schwarz-Weiß-Porträts der Mykologen aus vielen Jahrhunderten sind nicht gerade sorgfältig reproduziert.  Es hätte der Authentizität der Bilder überhaupt keinen Abbruch getan, wenn man die gröbsten Unreinheiten der mühsam zusammengetragenen Originalfotos ein wenig retuschiert hätte. Es  ist für moderne DTP-Programme  kein Problem, Fussel und Knitter  zu entfernen oder abzumildern, ohne den Charakter der in seiner Vollständigkeit einmaligen Porträtsammlung zu verfremden. Sinngemäß gilt ähnliches für die Textredaktion: das Buch hätte deutlich gewonnen, wenn man die zahlreichen Tippfehler eliminiert hätte. In der Zeit seit 1992 hätte das durchaus zu schaffen sein können. Es bleibt indes zu hoffen, daß  nur Buchstaben und Satzzeichen dem Druckfehlerteufel zum Opfer gefallen sind und keine Zahlen. Das zu beurteilen muß allerdings Kennern  antiquarischer Literatur vorbehalten bleiben.

Einhorn-Verlag, Schwäb.-Gmünd, 165 x 240 mm, 576 S., gebunden,, 350 Abb, davon 30 S. in Farbe,  DM 258.-/Sfr. 220.-/öS 1910.-