Satanspilz, Satans-Röhrling Boletus_satanas

Satanspilz, Satans-Röhrling Boletus satanas

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In einem Wald
war ein mit Holz befestigter Trampelpfad eines Sumpfgebietes mit Angelweihern. Der Boden neben dem Pfad war extrem matschig und ging ganz allmählich in offenes Wasser über. (Solche Stellen nennt man übrigens "Weiherschwänze"). An einer Stelle, die schon fast offenes Wasser war, bewegte sich etwas. Es tauchte ab, dann tauchte es wieder auf und machte dabei winselnd-heulend-bellende Geräusche - es war möglicherweise ein Tier (wenn nicht gar ein Kind), das da ums Überleben kämpfte, und dieses Etwas steckte in einem braunen Sack. Ich konnte nicht hin, denn bis zum offenen Wasser wäre metertiefer Morast zu überwinden gewesen und von der anderen Seite gab es auch keinen Zugang. Häuser gibt es hier weit und breit keine, Menschen waren auch nicht in der Nähe. Ich fuhr in halsbrecherischer Fahrt nach Hause, um eine Axt zu holen. Damit fällte ich - wieder zum Weiher zurückgekehrt - eine Fichte (ich entwickelte dabei archaische Kräfte), so dass der Baum bis an das Ufer fiel, an dem das Lebewesen zappelte. Wobei sich die Bewegungen inzwischen aber sehr verlangsamt hatten und die Geräusche fast verstummt waren. Ich schaffte mich auf dem Baum mit den sparrig-abstehenden Ästen, vorbei an einem Porling, der sich mir trotz der Anstrengung als Ischnoderma beonzoinum zu erkennen gab, bis fast zu der Stelle, an der der Sack nun knapp unter der Wasseroberfläche trieb.
Ich ging ins Wasser
, hielt mich mit der linken Hand an einem Astende fest und zog mit dem rechten ausgetreckten Arm den Sack hoch und in Richtung Baum. Er war mit Steinen beschwert und zugebunden, hatte sich aber in einem Ast verfangen, was ihn letztlich am Untergehen hinderte. Ich riß den Sack auf, was ebenfalls ziemliche Kraft erforderte. Darin war ein Hund, in Größe, Gewicht und Habitus wie Oskar, aber muskulöser, eher so wie eine Stafford- oder Pitbull-Züchtung. Der Hund war entweder bewußtlos oder tot. Der Rückweg über die liegende Fichte war ungleich schwerer als der Hinweg, denn die Äste standen ja nun in die falsche Richtung und der Hund war schwer und "unhandlich".
Aber ich schaffte es. Ich trug den Hund ins Auto und merkte dabei, dass er noch nicht tot war. Er wurgste, winselte und röchelte leise und kotzte Schlamm. Ich war ganz zerstochen und blutete an vielen Stellen, meine Klamotten waren komplett verdreckt, nass und zerrissen, meine Sandalen hatte ich verloren. Zu Hause legte ich den Hund in der Küche vor dem Ofen in ein Körbchen (merkwürdigerweise war der Hundekorb da,  aber Oskar nicht. Oskar spielte auch gar keine Rolle, aber der gefundene Hund war auch nicht Oskar, wenn er auch gewisse Ähnlichkeiten mit ihm hatte.)
Ich rief den Tierarzt, aber der schüttelte nur den Kopf und wollte den Hund einschläfern. Ich sträubte mich dagegen, schickte ihn wütend weg und pflegte das Tier. Es erholte sich nur langsam, tagelang kamen aus Maul, Nase, Ohren und Hintern nur Schlamm und Dreck und oft dachte ich: Jetzt ist es aus. Doch dann begann der Hund den Kopf zu heben, dann zu fressen und zu saufen und gewann sichtlich seine Gesundheit und seine Kräfte wieder. Doch es dauerte nicht lange, da wurde er erst wenig, dann sich steigernd, bis hochgradig aggressiv. Er knurrte mich an, knappte nach mir, selbst dann, wenn ich ihm was zu Fressen hinstellte. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Ich wußte mir keinen Rat mehr.
Meine Arme und Beine waren inzwischen völlig verbissen, blutig und bandagiert, zwei Finger meiner rechten Hand fehlten schon. Ich fuhr wieder zum Tierarzt.
Der sagte: "Ich habs ihnen ja gleich gesagt, das hier wird nix. Hunde, die von Menschen so mißhandelt wurden, sind oft für den Rest des Lebens versaut. Sie unterscheiden dann nicht mehr zwischen denen, die sie quälten und denen, die es gut mit ihnen meinen." Er zog dem Hund einen Maulkorb an und riet mir, ihn ins Tierheim zu fahren. Das tat ich dann auch. Auf dem Weg dahin hielt ich an dem Waldgebiet, in dem ich den Hund fand. Ich nahm ihn an die Leine und wollte mit ihm noch eine letzte Runde spazieren gehen. Der Maulkorb machte ihm schwer zu schaffen, weil er ihm ja auch die Atemwege einschränkte, aber ohne Maulkorb hätte mich das Muskelpaket ganz sicher zerfleischt.
Da kam plötzlich ein undefinierbares, ziemlich lautes Geräusch aus einigen Metern Entfernung. Der Hund riss sich von der Leine los und rannte in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Ich rannte hinterher, doch da war der Hund schon verschwunden. Er war, dem Geräusch folgend, in eine Art Schacht (oder Brunnen?) gesprungen. Dieser Schacht war sehr tief, aber Wasser schien keines darin zu sein. Ich konnte nun neben der Stimme "meines" Hundes noch eine weitere, differente Stimme ausmachen. Sie schien zunächst die eines anderen Hundes zu sein, doch dann wieder hörte sie sich nach einem nächtens um die Rudelführung kämpfenden fauchenden Straßenkaters an. Aus den beiden für die ersten Sekunden fast fröhlich erscheinenden Stimmen wurde bald wildes und schrilles Kampfgeschrei. Nach kaum zwei Minuten wußte ich, dass von den beiden Tieren in dem tiefen schwarzen Loch da unten das eine das andere töten würde. Es gab keine Möglichkeit der Rettung, bzw. suchte ich auch nicht ernsthaft danach. Dies auch deshalb, weil ich mit meinen zerschundenen Gliedmaßen ja auch gar nicht die Möglichkeit dazu hatte. Gleichzeitig war das nicht enden wollende mörderische Gekeife nicht zu ertragen.
Ich wandte mich resigniert ab in Richtung Auto und wachte auf.

Röhrlinge (Boletales) und Porlinge (Polyporales) im online-Pilzbuch.  Tintling