Goldröhrling, Goldgelber Lärchenröhrling
Suillus
grevillei
Die
Bücher aus
dem Artenschutzprogramm Baden-Württembergs.
------------------------------------------------------------------
Am
folgenden Montag fuhr
Häubling nicht nach Paris.
Sollten die Kunden
doch kaufen, was
da war. Er hatte heute Wichtigeres zu tun. Als erstes würde er
mit
ein paar von seinen Gemälden ins hundert Kilometer entfernte
Privatmuseum von Betty Lautenschläger fahren. Die
könnte ihre
kompetente Meinung äußern, bevor er sich noch einmal
in eine
derart unangenehme Situation hineinmanövrieren würde.
Betty
Lautenschläger hatte sein vollstes Vertrauen. Die Dame war
schon
fast siebzig und hatte keinen einzigen Zahn mehr im Mund. Bis vor gut
fünfzehn Jahren zierte wenigstens noch ein einzelner Stummel
ihr
unmöbliertes Eßzimmer. So eine Art Fahrkartenlocher,
der
aber mittlerweile auch bis auf die Grundmauern heruntergefault war. Aus
der Masse der vornehmen, gut gekleideten und distinguierten
Kunstsammler stach die weitgereiste Kunstkennerin in bemerkenswerter
Weise heraus. Sie war eine ständig zeternde Matrone, die an
nichts
und niemandem ein gutes Haar ließ. In den edlen Kreisen der
wohlsituierten Gesellschaft hatte man dafür natürlich
alternative Bezeichnungen wie zum Beispiel „charakterstarke
Persönlichkeit“ oder so.
Den Besuchern einer
Vernissage in
ihrem Haus fiel sie immer zuerst auf,
weil sie in ihrer Kleidung (sie trug ausschließlich
Turnschuhe,
gewirkte Hosen und selbstgenähte, großgemusterte
Schlabberblusen) und ihrer schrill keifenden Stimme in friesischem
Dialekt so gar nicht zu den übrigen Anwesenden passen wollte.
Neulinge, die einer Vernissage in diesem Museum zum ersten Mal
beiwohnten, starrten den großbusigen Fremdkörper
regelmäßig an wie einen Bewohner von einem anderen
Stern,
bis sie sich von einem Eingeweihten darüber belehren lassen
mußten, daß sie der Boß in dem Laden war.
Zu ihr führte der Weg von Werner Häubling an diesem
Montag.
Er hatte die merkwürdigen Ereignisse des gestrigen Tages weder
verstanden noch verdaut. Im Gegenteil. Er konnte sich absolut keinen
Reim auf die Reaktion seiner Besucher machen. Ein Komplott vielleicht,
nur um den Preis zu drücken? Man würde sehen. In
einer halben
Stunde spätestens würde er von Betty
Aufklärung
erhalten. Häubling war über alle Maßen
aufgewühlt
und zappelig.
Er traf Betty an, als sie - über einen Auktionskatalog gebeugt
-
an einem Brötchen kaute. Eher darauf herumknatschte, denn
Beißen und Kauen war schon seit Jahrzehnten nicht mehr drin.
„Hör mal, könntest du mir mal eben
helfen?“
Häubling machte sich nicht die Mühe einer
Begrüßung, weil er wußte, daß
seine Vertraute
Floskeln jeglicher Art verabscheute.
„Klar, was gibt`s denn?“
„Kannst du mir einen heißen Tip geben, was ich im
Moment
für diese Bilder verlangen könnte?“ Dabei
wickelte er
fünf seiner Gemälde aus den Tüchern.
„Schwer zu sagen. Na ja, die Rahmen sind ja ganz ok, die
würden sicher ein paar Hunderter bringen. Die Bilder
selbst.....
Wenn du gerade jemanden findest, der aus versicherungstechnischen
Gründen so etwas braucht, könntest du mit ein
bißchen
Glück sicher einen halben oder einen ganzen Tausi für
jedes
kriegen. Ist nämlich nicht schlecht gemacht.“
„Sprichst du absichtlich in Rätseln, verehrte
Freundin?“
„Wie meinst du denn das?“
„Na, ich hatte dich um eine grobe Schätzung des
Preises
für die Bilder gebeten. Aber ich kann mit deiner Antwort
nichts
anfangen.“
„Ach, du meinst den Preis für die
Originale?“
„Das sind die Originale, ich habe sogar die Expertisen
dabei.“
Betty lachte so grausam und schallend los, daß
Häubling sich
unwillkürlich duckte und sich die Ohren zuhielt.
„Kann es
sein, mein lieber Werner, daß dir da jemand einen
Bären
aufgebunden hat?“