Der Ringlose Butterpilz als Birkenbegleiter
Von
Reinhard Geiter
Jeder der sich näher
mit Pilzen beschäftigt, kennt aus eigener Erfahrung die
Tatsache, dass einige Pilze nur in definierten Habitaten zu finden
sind. Das heißt, dass bestimmte Pilze nur bei bestimmten
Bäumen bzw. in bestimmten Waldgesellschaften aufgefunden
werden. Es wird niemand auf die Idee kommen beispielsweise den
Goldröhrling, Suillus
grevillei, in reinen
Laubwäldern bzw. den Steinpilz, Boletus
edulis,
in Trockenrasengesellschaften zu suchen.
Unsere heimischen Gehölze bilden eine Symbiose mit sogenannten
Ektomykorrhizapilzen. Dieses geschieht zum gegenseitigen Vorteil.
Die feinen Pilzhyphen des Mycels des Mykorrhizapilzes haben insgesamt
eine viel größere Oberfläche als die
Feinwurzeln des Baums. Der Pilz liefert dem Baum Wasser und
gelöste Nährelemente, erhält vom Baum
dagegen Zucker, die dieser dank der Photosynthese im
Übermaß herstellt. Ohne den Pilzpartner
könnte der Baum in freier Natur nicht überleben.
Umgekehrt ist auch der Pilz an den Symbiosepartner Baum gebunden.
Manche Pilzarten sind sehr unspezifisch in der Wahl ihrer Partner,
andere sind hingegen an eine Gattung, selten auch an eine Baumart
gebunden. Freilich ist die Bindung selten zu 100%, Ausnahmen
bestätigen die Regel. Eine solche Ausnahme scheint der hier
vorgestellte Fund zu sein.
Als ich am 30.10.2002 in einem
aufgelassenen Kalksteinbruch bei Atzendorf, MTB 4135/2,
(Sachsen-Anhalt), nach Geoglossum-Arten suchte,
traute ich meinen Augen nicht. Unter einer Birke (Betula
pendula) fand ich einen Schmierröhrling, den ich
später als Suillus
collinitus bestimmte.
Gerade die Gattung Suillus gilt als absolut an
Koniferen gebunden. Meist ist die Gattung Pinus der
Symbiosepartner, aber auch Tanne (Abies) und Fichte (Picea)
sind als Partner bekannt. Die Pilze wuchsen in Zeilen
und kleinen Gruppen. Es wurden ca. 30 Fruchtkörper
festgestellt. Alle Bestimmungsmerkmale - in der mir
zugänglichen Literatur - passen .
Auch nach gründlicher, mehrmaliger Absuche des
Geländes durch Mitglieder der „Fachgruppe Faunistik
und Ökologie Staßfurt“, konnte kein
Nadelbaum, auch keine Jungbäume oder Keimlinge gefunden
werden. Eine Pflanzenaufnahme durch oben genannte Fachgruppe erbrachte
folgendes Ergebnis:
Auf flachgründigem Kalkverwitterungsboden hat sich eine
lückig bewachsene Pionier-Vegetation herausgebildet, die denen
der umliegenden Kalksteinbrüche ähnelt, aber noch
artenärmer ist. Die Gegend um Staßfurt
gehört zum niederschlagärmsten Gelände im
mitteldeutschen Trockengebiet. (Langjähriges Mittel ist 480mm,
in den letzten zwei Jahren lagen die Niederschläge unter
400mm). Die Pflanzenaufnahme der ersten Sohle bezieht sich auf die
Fundfläche Suillus collinitus. Diverse
Flechten und eine Moosart müssen noch bestimmt werden.
Folgende Pflanzenarten wurden
notiert:
Achillea millefolium, Acinos arvensis, Betula pendula, Calamagrostis
epigaeos, Carlina vulgaris, Echium vulgare, Erodium cicutarium, Festuca
ovina aggr, Hieracium pilosella, Hypericum perforatum, Inula conyza,
Linum catharticum, Medicago lupulina?, Poa compressa, Populus tremula,
Populus x canadensis, Potentilla arenaria, Rosa subcanina, Rubus
caesius, Salix caprea, Salix cinerea, Sanguisorba minor.
Die Birken sind etwa 25 Jahre
alt und bei den Pappeln handelt es sich um etwa 5-jährigen
Jungwuchs.
An Makromyceten fruktifizierten
in unmittelbarer Nachbarschaft Hebeloma muss noch
bestimmt werden) und Tricholoma
argyraceum.
Dazu noch eine Literaturangabe
zu einem Fund von Suillus collinitus unter
Laubbäumen: Ricek
(1989: 142) berichtet von einem Vorkommen des Ringlosen
Butterpilzes in einem reinen Buchenwald, der über mehrere
Jahre hinweg verfolgt werden konnte, bevor durch
Wegebaumaßnahmen das Mycel zerstört wurde.
Da Schmierröhrlinge
auch mit Jungbäumen assoziiert sein können, ist bei
allen vermeintlich „nadelholzfreien“ Funden
genauestens auch auf Jungbäume zu achten. Die potentiellen
Baumpartner können durchaus über 20 m entfernt
stehen. An Freiflächen wie auf Wiesen sind deutlich
größere Abstände denkbar. Einerseits
können Baumwurzeln sehr weit reichen, andererseits haben
insbesondere Röhrlinge hoch entwickelte und weit reichende
Rhizomorphen, die den Nährstofftransport von und zur Wurzel
auch über längere Entfernungen ermöglicht.
Im vorliegenden Fall hat aber
auch eine angestrengte Suche keine einzige Konifere finden lassen. Es
kann also davon ausgegangen werden, dass es sich hier
tatsächlich um eine Verbindung von Suillus
collinitus mit einem Laubbaum handelt. Der
endgültige Beweis durch Nachweis der Mykorrhiza muss
allerdings erst noch erbracht werden.
Literatur:
Ricek E.W. (1989) Die Pilzflora des Attergaues, Hausruck-
und Kobernhausserwaldes. Abhandl. der Zool.-Bot. Gesellschaft in
Österreich 23: 1-437.
zurück zum Birkentintling
. nach Pilzhausen
. |