Mutterkorn Secale cornutum Foto: Fredi Kasparek Bereits im Jahre 800 nach Chr. wurde über eine Massenvergiftung durch das Mutterkorn (Secale cornutum) berichtet. In der Tat hat kein Pilz jemals zu so ausgedehnten Massenvergiftungen geführt wie das Mutterkorn. Die Ursache ist stets stark mutterkornhaltiges Getreidemehl, das insbesondere dann, wenn es kurz nach der Ernte verarbeitet und verzehrt wird, durch den hohen Alkaloidgehalt des frischen Mutterkorns stark giftig wirkt. Die Giftwirkung beruht vor allem auf Dauerkontraktionen
der Gefäßwände,
ausgelöst durch das wasserunlösliche Alkaloid
Ergotamin. Der Blutdurchfluss
wird verhindert, was sich zunächst in den
Extremitäten sowie in Nasenspitze
und Ohren bemerkbar macht. Die ersten Vergiftungsanzeichen sind
Taubheits- und
Pelzigkeitsgefühl in Fingern und Zehen, Kriebeln und
Ameisenlaufen. Danach
kommt es unter heftig brennenden Schmerzen zum Auftreten von Blasen mit
bald
infektiösem Inhalt, schließlich zu einem trockenen
Brand
(Gangrän) und damit
zum Abfallen der schwarzgewordenen und mumifizierten Finger, Zehen,
auch ganzer
Gliedmaßen sowie Nasenspitze und Ohren. Bei Schwangeren tritt
häufig ein
Abort ein, was früher
vermutlich dazu führte, das Mutterkorn allgemein als Abortivum
zu missbrauchen. Die Therapie richtet sich in erster Linie gegen die
Gefässkontraktionen und
zielt darauf ab, die Gangrän zu verhindern. Daher werden vor
allem Gefäß erweiternde Arzneimittel sowie
Wärmeanwendungen
und Wechselbäder
verordnet. Betroffen von Vergiftungen durch das Mutterkorn sind
auch heute noch Bewohner
armer Länder, in denen man - besonders nach Missernten -
gezwungen ist, selbst
stark verunreinigtes Getreide zu verzehren, das in kühlen und
feuchten Jahren
einen Mutterkorngehalt bis zu 6%, ja sogar bis zu 10% aufweisen kann. Das
Mutterkorn als
Heilmittel Wildvorkommen werden z.Z. noch in Spanien, Portugal und
Ostländern geerntet
und durch Handverlesen oder durch Dreschen und Sieben gewonnen.
Parasitische
Kulturen werden in Deutschland, Schweiz, Polen, Tschechien und Ungarn
erzeugt.
Der Ertrag liegt unter günstigen Bedingungen bei 60 - 200 kg
pro Hektar
Getreidefeld. Von den
über 30 Alkaloiden des Mutterkorns sind
nur die
Lysergsäure-Alkaloide pharmakologisch aktiv und werden
hauptsächlich in der
Frauenheilkunde therapeutisch eingesetzt. Es handelt sich um
wasserlösliche
Stoffe u.a. mit den Namen Ergometrin oder auch Ergotamin
(Lysergsäure-Alkaliode),
die mit dem LSD nahe verwandt sind. Bereits Adamus Lonicerus hat im Jahr 1528 des Mutterkorn als Wehenmittel in seinem Kräuterbuch erwähnt, doch erkannte man erst im Jahre 1853 die Pilznatur des Sklerotiums. Die Ethymologische Bedeutung des Namens Mutterkorn ist nicht eindeutig geklärt. Es kann sich vom lateinischen mutare = veränderlich ableiten und würde damit verändertes Korn bedeuten. Ebensogut ist es möglich, dass das Wort mythologischen Ursprung hat und sich auf das von der Roggenmutter oder Kornmutter auf übernatürliche Weise erzeugten Gebilde bezieht. Die Bedeutung des lateinischen Namens des Sklerotiums: Secale - Getreide, Roggen, cornutum = Horn Bedeutung des fertilen Stadiums (Claviceps purpurea): Claviceps - Keule, purpurea = purpur . zur Tintling-Hauptseite . u.: Literatur zu Mutterkorn . mehr Literatur Verfasser dieser Bücher sind Adamus Lonicerus, Philipp Carl Jolly, Albert Hofmann, John Stearns und Thomas Hatton Wardleworth. |