Fuchsiger Rötelritterling Lepista_flaccida

Fuchsiger Rötelritterling Lepista flaccida

Dies und das

----------------------------------------------------------------------

Als Reinhold Herberger und Günter Rambetzky am 4. Juni den Gerichtssaal verließen,
fühlten sie sich wie die schwer angeschlagenen Verlierer einer Schlacht. Im Laufe ihres Berufslebens mußten sie sich schon mit vielen Ungerechtigkeiten auseinandersetzen und hatten gelernt damit umzugehen. Aber das hier war eindeutig zu starker Tobak. Sie beide wußten, daß Häubling und niemand sonst das verheerende Fiasko ausgelöst oder zumindest verantwortlich und billigend in Kauf genommen hatte.
Am Nachmittag der Urteilsverkündung saßen sie zusammen an Herberger´s Schreibtisch und leckten ihre Wunden.
„Sag mir, was haben wir verkehrt gemacht?“ brach der jüngere das ratlose Schweigen.
„Ich weiß es nicht. Wenn wir es wüßten, hätten wir ja anders gehandelt.“
„Wir haben unsere Strategie auf den Sohn konzentriert und das war ein Fehler.“
„Nein, das war es nicht“ widersprach Herberger energisch. Wir hatten einfach keine anderen Möglichkeiten.“ „Dann haben wir die jetzt auch nicht.“ Minutenlanges Schweigen machte sich breit. „Weißt du, wozu ich gute Lust hätte?“ meldete sich Herberger. „Du wirst es mir gleich verraten.“ „Den Kleinen Behördenweg einzuschlagen.“ „Bist du verrückt?“ „Nicht mehr als du.“ „Ich habe mal einen amerikanischen Spielfilm gesehen“ sinnierte Rambetzky. „Da hatten sich ein paar Geschworene in einem Geheimverbund zusammengetan, um Tätern, die aufgrund von polizeilichen oder juristischen Formfehlern nicht verurteilt werden konnten, in Lynchjustiz die verdiente Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Die haben gnadenlos die wahren Täter ermordet, jahrelang. Meinst du so etwas?“
„Also, jetzt bist du verrückt geworden“ wehrte Herberger entsetzt ab.
„Nein, ich meine etwas ganz anderes: ihn finanziell fertigmachen.“ „Ich bin gespannt, was für eine grandiose Idee deinem edlen Kopf wieder entsprungen ist.“ Herberger ließ sich weder beirren noch beleidigen. „Wir haben doch die vielen Aussagen von den Markthändlern. Die haben uns eine Menge über den Häubling verraten, was für den verhandelten Fall aber nicht relevant war. Es könnte zum Beispiel sein, daß der seinen Reichtum, von dem so ein paar der Insider geschwärmt hatten, nur deshalb zusammenbekommen hat, weil er ausgiebig die Steuer beschissen hat.“ „Ich kann dir nicht recht folgen“ gestand Rambetzky.“
„Ja ja, ein bißchen begriffsstutzig war der studierte junge Herr in praktischen Dingen schon immer. Erinnere dich doch mal an die Darstellungen der renitenten Schrulle, die damals dem Christoffel eine Dienstaufsichtsbeschwerde reingewürgt hat.“ „Du meinst die Klowatz?“ „Genau die. Die hat doch von den goldenen Wasserhähnen und der Gemäldesammlung und dem ganzen Prunk geschwärmt. Davon habe ich aber nicht viel gesehen.“ „Er rafft es nicht. Die meinte doch sein Haus in Frankreich, da wohnt der privat.“ „Aha, das sind ja ganz neue Perspektiven.“ „Nun überleg doch mal: wenn das stimmt, was die sagt, dann kann der das Geld dafür auf dem Markt allein kaum verdient haben. Also nur so gefühlsmäßig. Kann ja sein, daß ich ganz falsch liege. Jedenfalls kamen mir seine Wareneinkaufsrechnungen in der Höhe so üppig nicht vor, als daß sich davon ein bemerkenswerter Wohlstand erklären ließe. Ein normales bis gutes Einkommen vielleicht, aber goldene Wasserhähne und Picassos... nie im Leben.“