Pilzbefall von Franz Xaver Wagner Alpin ist mit dem Xaverl seit dem letzten Sommer nichts mehr anzufangen. Bis dahin war es eine Freude, der Leidenschaft für die Berge gemeinsam mit ihm zu frönen. Jedes Wochenende begab man sich ins Gebirge, um einem oder besser mehreren Gipfeln aufs Haupt zu steigen. Das eine Halbjahr mit Profilsohlen oder Steigeisen, das andere Halbjahr mit Ski. Holarähduljöh! jede Woche dieses tolle Erlebnis, ganz oben zu stehen. Das Gipfelglück! Mit dem Xaverl. Aber, wie gesagt, das ist vorbei. Plötzlich im letzten Sommer fiel der Xaverl aus. Diagnose: Pilzbefall. Den Xaverl hat eine andere Leidenschaft erwischt. Die für die Pilze. Schwammerl sagt man in Bayern. Der Xaverl ist ein Schwammerlnarr geworden. Er sagt: „ich habe mich der Mykologie zugewandt.“ „Gehst Du denn nicht mehr in die Berge?“, fragt ihn Karl Tiefengraber. Der Xaverl antwortet: „Zum Zwecke des Erreichens von Kulminationspunkten oder Hütten suche ich das Gebirge nicht mehr auf.“ Das heißt, der Xaverl fährt schon noch hinein. Aber nicht, um einen Aufstieg zu machen und auf dem Gipfel zu jodeln. Nein, der verschwindet auf irgendwelchen Querwegen und durchstreift den Bergwald in der leicht vorgebeugten Haltung, welche für die Pilzsucher typisch ist. Die Augen fest am Boden. In die Hocke gehend. Sich langsam im Kreis drehend. Manchmal etwas abschneidend. Sich durchs Gebüsch tastend. Stehenbleibend. Stehenbleiben! Der spinnt der Xaverl! Wann wäre der früher einmal stehengeblieben. Das gab´s nicht. Eisern wurde durchmarschiert, bis es nicht mehr höherging. Und jetzt!? „Gesetzt den Fall“, fragt Karl Tiefengraber, „du kommst bei deiner Schwammerlsucherei zweihundert Höhenmeter unter einem Gipfel vorbei. Könnte ja sein. Gehst du dann nicht hinauf bis zum Kreuz?“ Der Xaverl sagt, daß ihn das nicht mehr interessiert. Gipfel? Zeitverschwendung. Den Xaverl interessiert nur der Xerocomus badius. Und der Macrolepiota procera. Und der Cantharellus cibarius. Und natürlich der Boletus edulis. Das ist der Steinpilz, den kennt Karl Tiefengraber auch. Karl Tiefengraber weiß auch, daß die Pilzzeit im Herbst vorbei ist. Und deshalb hofft er auf den Winter. Um endlich wieder mit dem Xaverl eine zünftige Skitour zu machen. Im Winter gibt es keine Pilze. „Von wegen“, sagt der Xaverl, „mach nur deine Skitour alleine. Ich pflücke lieber im Dezember die gefrorenen Trompetenpfifferlinge. Wie stilisierte Sektgläser sehen die aus. Und im Januar hole ich mir den zierlichen Frostschneckling. Von wegen, im Winter gibt´s keine Pilze! Im Februar finde ich den goldenen Samtfußrübling. Alles im Winter. Cantharellus tubaeformis. Hygrophorus hypothejus. Flammulina velutipes.“ Karl Tiefengraber befürchtet, daß der Xaverl für den Alpinismus verloren ist. |