Steinpilz, Fichten-Steinpilz, Herrenpilz, Boletus_edulis

Steinpilz, Fichten-Steinpilz, Herrenpilz Boletus edulis


Über getrocknete Pilze (Marktware).

Von Regierungschemiker Dr. Walther Friese.
(Aus der Staatlichen Landesstelle für öffentliche Gesundheitspflege zu Dresden.
Direktoren: Prof. Dr. med. K. Süpfle und Dr. Dr. A. Heiduschka.)
Quelle: ZfP 4/1929

Während vor dem Weltkriege und auch in einzelnen guten Pilzjahren der Nachkriegszeit die Preise für getrocknete Steinpilze ungefähr zwischen 8 und 10 Mark und für getrocknete Mischpilze zwischen 6 und 8 Mark pro Kilo schwankten, stiegen im Jahre 1928, das allgemein als ein schlechtes Pilzjahr zu bewerten ist, diese Preise ganz erheblich an. So werden z. Z. getrocknete Steinpilze in Dresden und Umgebung zumeist mit 18 bis 20 Mark je Kilo verkauft. Getrocknete Mischpilze sind etwas billiger zu haben, sie kosten etwa 10 bis 14 Mark pro Kilo.

Getrocknete Pilze stellen heute in Deutschland ein sehr bedeutendes Handelsobjekt dar, und es ist in erster Linie Bayern, das mit seinem Reichtum an eßbaren Pilzen (besonders Steinpilzen) den größten Anteil an der Versorgung Deutschlands mit Trockenpilzen hat. Es ist ohne weiteres erklärlich, daß in Jahren mit normalen oder darüber gesteigerten Pilzernten die Qualität der zum Marktverkauf kommenden Frischpilze, und damit zusammenhängend, auch die der getrockneten Pilze erheblich besser sein wird, als zu Zeiten, in denen Mangel an Frischpilzen herrscht. In guten Pilzjahren hat man es schon beim Sammeln der Pilze in der Hand, möglichst nur junge und einwandfreie Exemplare einzutragen. Besteht aber Pilzmangel, dann wird man des öfteren auch beobachten können, daß weniger gewissenhafte Pilzsammler, um möglichst große Ernten zu erzielen, auch ältere und sogar an sich nicht mehr einwandfreie Exemplare eintragen. Auch beobachtet man in solchen Perioden, daß man zwar ungiftige, aber längst als wertlos zum menschlichen Genuß erkannte Pilzarten gewerbsmäßig sammelt. Hierin liegt eine große Gefahr. Man findet nämlich unter den Einträgern der Pilze für den Handel nur selten wirkliche Pilzkenner. So kann es vorkommen, daß bisweilen auch schädliche Pilze in die Marktware gelangen. Hierdurch erklären sich ohne weiteres die Beobachtungen der die Marktpilze überwachenden amtlichen Organe, daß in pilzarmen Zeiten sich eine erhöhte Beanstandungsziffer hinsichtlich der Arten und Qualität der auf den Markt gelangenden Pilze ergibt.
Ähnliche Erscheinungen wirken sich auch in der Beschaffenheit der Trockenpilze aus. Stehen viel gute und junge Frischpilze zur Verfügung, dann fällt auch die Trockenkonserve an sich einwandfrei aus. Im anderen Falle dagegen versucht man, weil der Preis der Trockenware dann recht hoch ist, alle möglichen Arten dazu zu verarbeiten, und man scheut sich sogar nicht einmal, minderwertige, wertlose und auch sonst nicht mehr einwandfreie Frischpilze durch Trocknen noch als lohnendes Objekt in den Handel zu bringen. Es ist mir sogar ein Fall bekannt geworden, wo Pilze vor der Trocknung in ganz feinem Sand gewälzt worden sind, der fest an den feuchten Pilzen haftete, später fast restlos an der Trockenware klebte und mit dieser dann verkauft wurde. Hierdurch versucht natürlich der betreffende Pilztrockner sich einen recht ins Gewicht fallenden Vermögensvorteil zu verschaffen.
Soll nun durch das Bekanntwerden derartiger Gepflogenheiten und Erscheinungen dem Konsumenten nicht schließlich der Genuß daran verleidet werden, dann ist es die Aufgabe der Lebensmittelkontrolle, ein ganz besonderes Augenmerk auf die Beschaffenheit der gehandelten Trockenpilze zu richten. Diese Forderung ist auch erfreulicherweise anerkannt worden. Die Pilzberatungsstelle der Staatlichen Landesstelle für öffentliche Gesundheitspflege in Dresden hat daher in den letzten Jahren reichlich Gelegenheit gehabt, Hand in Hand mit ihren, die ambulante Lebensmittelkontrolle ausübenden Chemikern zu arbeiten und sich mit der Beschaffenheit der im Handel befindlichen Trockenpilze zu beschäftigen.

Derartige Pilzberatungsstellen, von denen es jetzt in Deutschland eine ganze Reihe gibt, sind in erster Linie berufen, Wandel in der bestehenden Unsicherheit im Handel mit getrockneten Pilzen zu schaffen. Hierdurch wird dann auch bald von selbst das Mißtrauen schwinden, das seitens des kaufenden Publikums dem Handel von Dörrpilzen in zunehmendem Maße entgegengebracht wird. Daß man diese Beobachtung schon früher gemacht hat, beweist ein Vorschlag Giesenhagens, das Trocknen von Schwämmen in praktischen Dörröfen in genossenschaftlichem Betriebe vorzunehmen. Kobert (Rostock) und Matouschek (Wien) gingen in ihren Forderungen noch weiter, nämlich getrocknete Pilze nur unter ständiger fachmännischer Beaufsichtigung in bestimmten, leicht kontrollierbaren Betriebsstätten herzustellen).

Teil II


Tintling-Logo