Pilze 1679 by Adamus Lonicerus 

Deren Schwämme/ welche man isset/ werden sieben Geschlecht erkandt.

1. Morchel. Das erst sind die Morchel/ allent halben bei uns gemein/ zu welchen die verleckerten Mäuler sonderlichen Lust haben/ kochen sie mit Butter und Würtz/ zuvor in einem Wasser gequellt. Und braten sie auch an Spiesslin/ mit Würtz bereitet.
Sie wachsen auf feisten Wiesen/ um die Äcker und den Rechen/ ihre Währung ist im Mayen/ und werden die andere Zeit dess Jahres nicht gesehen/ sind rund wie ein Hütlein/ grau von Farben/ und voll Löchlin/ wie die Immenhäusslin.

2. Heyderling. Das andere Geschlecht der Essschwämme/ seyn die Heyderling oder Treuschling/ also genannt/ dieweil sie gemeiniglich auf den Heyden/ und auf der Viehweide wachsen. Werden gesehen im Brachmonat/ wann es regnet/ rund und breit/ wie ein Pareth/ unten braun oben aber bleichfarb. Diesen schelet man die äusserte Haut erstlich ab/ darnach werden sie bereitet wie die Morcheln. Die Lateinische nennen sie Boletos und Amanitas. 

3. Pifferling. Die dritte sind Pfifferling oder Pfefferling/ welche man also nennet um dess hitzigen Geschmacks willen/ der sich dem Pfeffer vergleichet. Diese werden bey den Lateinischen Boleti orbiculati genannt. man brät sie auf Kolen mit Salz.

4. Rehling. Die vierte seynd die Rehling oder Handelschwam/ auf Lateinisch Digitelli, wachsen in den feuchten Wäldern/ so einer gleissenden gelben Gestalt/ diese quellet man/ und kocht sie darnach mit Butter und Würtz. Und dieser ist noch ein Geschlecht/ wächst auch in feuchten Wäldern neben faulen Hölzern/ seyn zinnlecht und vergleichen sich dem graunen Mooss/ ganz safftig, einer kalten Natur/ und böss zuver dauen. 

5. Brötling. Die fünffte sind braun/ in der Grösse wie der Heyderling/ haben einen süssen Milchsaft/ wachsen auch in Wäldern. Diese werden Brötling genannt/ und auch rohe gesen.

6. Eichschwämm. Die sechste sind die Eich schwäm und Hasenöhrlin/ auf Lateinisch Lepusculi/ werden funden im Augustmonat bey den Wurtzeln der Eichbäume/ seyn gross/ gantz grau und bleichfärbig/ sehen in der Gestalt/ wie ein breits Kalbskröss/ man bereit sie wie andere Schwämme.

7. Rötling. Die siebente Essschwämme findet man in ausgebranten geradenen Sträuchen und Hecken/ sehen gleich wie der Heyderling aber bleicher/ werden um Sanck. Jacobs Tag gefunden/ Rötling/ Rotschwämm/ und Augustschwämm genennet.

Und sind die Geschlecht der Koch schwämme/ welche man pflegt zu essen. 

Fliegenschwäm. Die andere Geschlecht der Schwämme sind schädlich und gifftig/ wann sie in den Leib genommen werden/ als das seyn Fliegenschwämm/ Muscarii, mit welchen man die Fliegen tödtet/ mit Milch vermenget. Und dieser sind etliche roth/ etliche weiss/ wachsen gemeiniglich unter den Bircken. Darnach seyn auch Agarit', die an den Aspenbäumen wachsen/ dessgleich alle Baum-schwämm, die an den Stämmen der Bäume wachsen/ Arborei genannt.

Item die Feuerschwämm/ oder Zunder schwämm/ Ignarii genannt/ mit welchen man Feuer anzündet, wann sie dörr seynd.

Agaricus Thanenschwam. Die Apotheker haben auch ihren Schwamm/ welchen sie Agaricum nennen/ mit dem Dioscoride/ und heist Thannen schwamm/ wächst am Thannenbaum. Dieses Geschlecht sind zweyerley/ nemlich der weiss/ welchen man in der Arzney braucht/ und der schwartze/ so untauglich ist. 

Bubenfist. über alle erzehlte Geschlecht findet man runde weisslechte Schwämme/ wie ein weisser Lederballe/ werden offt in Kopffs Grösse/ und wann sie dürr werden/ so reissen sie auf/ und lassen einen gelben Staub von sich/ wachsen auf grassechtem Feld. Diese nennet man Bubensist/ auf Lateinisch Ouati, die Franzosen nennen ihn Crepitum lupi, das ist/ ein Wolffsfurtz.

Allso haben wir die fürnehmste Geschlecht der Schwämme/ wer ihrer mehr begehrt/ mag noch mehr in den Wäldern suchen/ so wird er genugsam finden.
So findet man auch mancherley Schwämm auf den Misten und Strodächern/ und in faulem Holtz/ dess gleichen an Bäumen und Steinen.

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