Judasohr Auricularia auricula-judae

Judasohr Auricularia auricula-judae

Lebensdaten von Arthur Henry Reginald Buller in der englischen Wikipedia

Pilze, die zu Ehren von A.H.R. Buller beschrieben wurden:
Bullera Derx 1930, Tremellaceae
Bulleribasidium J.P. Samp., M. Weiss & R. Bauer 2002, Tremellaceae
Bulleromyces Boekhout & Á. Fonseca 1991, Tremellaceae
Coprinus bulleri Cacialli, Caroti & Doveri 1999 Agaricaceae
Cyathus bulleri H.J. Brodie 1967 Agaricaceae

Buller, A. H. Reginald, Researches on Fungi (Untersuchungen über Pilze)
2. Band, 492 Seiten, 157 Textabbildungen; Longmans, Green & Co., London 1922. Preis: 1 Pfund 6 Schilling.
Eine Buchbesprechung von Franz Kallenbach, aus der Zeitschrift für Pilzkunde 1/1924

Der 1. Band dieses hochempfehlenswerten Werkes erschien im Jahre 1909.
Zwei weitere Bände werden folgen.
Zur Herausgabe dieses inhaltsreichen und vielseitigen Werkes stifteten die Gesellschaft für Naturgeschichte und Philosophie zu Birmingham 25 Pfund für die Herstellung der Bilder und das Canadische Nationalkonzil für wissenschaftliche und industrielle Forschungen 1000 Dollars. Es sind dies Unterstützungen der Wissenschaft, wie man sie in Deutschland selbst vor dem Kriege nicht kannte, wie man sie aber für die Zukunft auch unseren noch leistungsfähigen Kreisen warm empfehlen könnte, zumal solche Stiftungen indirekt durch Hebung der Wissenschaft dem Kapitale wieder zugute kommen. Bullers "Untersuchungen" stehen durch die Fülle ihrer hochinteressanten Forschungsergebnisse über die Morphologie, Physiologie und Biologie der Pilze in der gesamten Literatur einzigartig da. Aus diesem Grunde ist dem Werke auch in Deutschland, sowie in ganz Europa die weitgehendste Verbreitung zu wünschen.
Um auch diejenigen deutschen Mykologen und Pilzfreunde, denen die Durcharbeitung des umfangreichen Buches wegen des englischen Textes unmöglich ist, mit den neuesten Ergebnissen von Bullers Forschungen bekannt zu machen, werde ich in Fortsetzungen eine ausführliche Zusammenfassung geben. Indem ich meine Ausführungen möglichst allgemeinverständlich halte, werde ich hierdurch auch jedem Pilzfreunde eine Einführung in die verschiedensten und interessantesten Gebiete der Pilzkunde liefern. Soweit ich es für nötig halte, füge ich eigene Erläuterungen bei. Meine Schilderungen erfolgen im Anschluß an Bullers 13 Kapitel. Eine besonders der englischen und amerikanischen Literatur zukommende Eigenart, die wir auch bei Buller antreffen, kann ich ebenso unseren deutschen Autoren der guten Übersichtlichkeit halber warm empfehlen. Unter jeder Kapitelüberschrift finden wir in kurzen Stichworten eine treffliche Übersicht des Inhaltes. Am Schlusse bringt die "General Summary", die Hauptzusammenfassung, auf 10 Seiten einen erschöpfenden und leicht verständlichen Überblick über die gesamten Forschungsergebnisse des Werkes.

1. Kapitel. Die Basidien und die Sporenabschleuderung.
Wie jedem Pilzfreunde bekannt sein dürfte, gliedert man die Pilze in Schlauchpilze (Ascomyceten) und Ständerpilze. (Basidiomyceten), je nachdem ihre Sporen in Schläuchen oder auf Basidien ("Ständern") gebildet werden.
Zu den Basidiomyceten gehört die Mehrzahl unserer bekanntesten Speisepilze. Die Fruchtschicht, welche die Sporen erzeugt, überkleidet bei den verschiedenen Gruppen der Basidiomyceten meist als eine dünne Haut auf der Hutunterseite ausgebreitet und daher auch Hymenomyceten (Hautpilze) genannt die Lamellen bei den Blätterpilzen, die Röhrchen bei den Löcherpilzen, die Stacheln bei den Stachelingen etc.
Der wesentliche Bestandteil des Hymeniums (Fruchtschicht) ist die Basidie bei den Basidiomyceten, wie der Ascus (Schlauch) bei den Ascomyceten. Der Anfänger möge sich zum hesseren Verständnis die betr. Abbildungen in den allgemeinen Kapiteln von Gramhergs "Pilze der Heimat" oder Michaels "Führer für Pilzfreunde" zu Rate ziehen. Die Basidie, eine keulenförmigel "Zellendigung, nur einen Bruchteil von 1 mm groß, trägt auf ihrem oberen Ende meist 4 dünne Stielchen, die Sterigmen, auf denen die Sporen sitzen. Je nach der Sporenzahl unterscheidet man 1, 2, 3, 4, 6 und 8sporige Basidien. Die meisten Basidiomyceten haben 4sporige Basidien; 1sporige sind charakteristisch für Pistillaris maculaecola (Keulenpilz), 2sporige für die gezüchtete Form des Wiesen-Angerlings (Psalliota campestris), 3sporige für den narkotischen Tintling (Coprinus narcoticus), 6sporige für den Pfifferling und 8sporige für Corticium coronatum (ein Rindenpilz). Die fruchtbaren (fertilen) Elemente des Hymeniums, die Basidien, sitzen an der Oberfläche der Fruchtschicht nicht dicht nebeneinander, sondern sterile (unfruchtbare) Organe, Paraphysen und Cystiden füllen die Zwischenräume zwischen den einzelnen Basidien völlig aus. Die Paraphysen besitzen ähnliche Form und Größe wie die Basidien. Jene sind aber nicht, wie oft behauptet wurde, junge oder sterile Basidien, sondern von diesen verschieden und von vornherein zur Unfruchtbarkeit bestimmt. Während der allmählichen Entleerung des Hymeniums durch die Sporenbildung verlieren die Paraphysen ihren Inhalt (Protoplasma) bis auf einen dünnen Wandbelag und schwellen gleichzeitig an.

Das 3. Element der Fruchtschicht sind die Cystiden. Sie sind ebenfalls sterile Elemente, unterscheiden sich aber von den Paraphysen durch ihre Größe, ihre besondere Form, geringere Zahl, durch ihre Zellwände und ihren Inhalt.
Cystiden finden sich nicht bei allen Pilzarten, oft auch nur an der Lamellenschneide wie bei manchen Rißpilzen Inocybe. Bei manchen Arten erzeugen sie charakteristische Ausscheidungen (z. B. Calciumoxalat bei Inocybe, vgl. Ricken, Blätterpilze t. 29 f. 1 und 51), bei anderen Spezies haben sie eine mechanische Funktion, z. B. bei den Tintlingen etc. (Auseinanderhalten der Lamellen zur Ermöglichung der Sporenabschleuderung).

In der jungen Basidie finden sich zuerst 2 Zellkerne, die bald miteinander verschmelzen. Es ist dies der Abschluß eines Geschlechtsaktes, der im jungen Mycel seinen Anfang nahm. Soweit man in den Paraphysen und Cystiden bereits 2 Kerne nachwies, konnte man hier aber niemals deren Verschmelzung beobachten. Der Unterschied in diesen Kernvorgängen zieht also eine deutliche physiologische Grenze zwischen den Paraphysen und Cystiden einerseits und den fertilen Elementen, den Basidien, andererseits. Nach völliger Reifung werden die auf den Sterigmen gebildeten Sporen von den Basidien abgeschleudert und zwar die einzelnen Sporen in bestimmter Reihenfolge nacheinander, nicht wie früher verschiedentlich behauptet wurde, gleichzeitig!
Buller hat die Sporenabschleuderung an einer großen Anzahl von Hymenomyceten in der feuchten Kammer an der lebenden Basidie beobachtet und dabei überall das Phänomen der Wassertropfenabsonderung entdeckt. Schon Fayod wies auf diese Tropfenbildung am Keimporus der Spore vor der Abschleuderung hin. Buller hat diese Erscheinung auf das exakteste festgelegt. Auf den beigefügten sehr instruktiven Abbildungen sieht man z. B., wie sich auf einem jungen Sterigma von Calocera cornea (pfriemlicher Händling) in ca. 40 Minuten eine Spore bis zur vollen Größe ausbildet. Die Spore sitzt nicht gerade auf dem Sterigma, sondern schräg, sodaß die Sporenachse oben nach außen neigt, unten sich also der Basidienachse nähert. Hier ragt nach innen ein kleiner Fortsatz der Spore über die Ansatzstelle zwischen Spore und Sterigma hinaus, von Buller "Hilum" benannt. Dieses scheidet einen Wassertropfen aus, nachdem die Spore zu voller Größe herangewachsen ist. (Auffallend ist mir, daß nach Bullers ausdrücklichen Angaben gerade dieser Fortsatz Hilum benannt wird und hier die Tropfenexkretion stattfindet. Der Name Hilum (Sporennabel) kommt doch eigentlich der Ansatzstelle zwischen Spore und Sterigma zu, wo schließlich auch die Abtrennung erfolgt, wie Buller an anderer Stelle selbst erklärt. Sollte die Tropfenexkretion nicht gerade hier erfolgen? Bei fig. 4 sieht man z. B. an der Basidie von Psalliota campestris, wie die Spore ohne Fortsatz direkt auf dem Sterigma sitzt und an dieser Verbindungsstelle auch der Tropfen abgeschieden wird. Fig. 7 zeigt die Basidien yon Nolanea pascua (kreuzsporiger Glöckling, heute Entoloma conferendum). Hier hat die Spore ein kurzes Stielchen, und mit diesem sitzt sie auf dem Sterigma, sodaß Stielchen und Sterigma nach innen eingeknickt sind. Und an diesem Knick wird der Tropfen nach innen ausgeschieden und schließlich auch die Spore samt dem Stielchen abgetrennt. Die Hilumdefinition ist also bei Buller nicht ganz eindeutig.)
Hat die Spore von Calocera cornea nach 40 Minuten ihre volle Größe erreicht, so tritt eine Ruhepause von weiteren 40 Minuten ein. Dann erfolgt die Tropfenexkretion am Hilum in wenigen Sekunden; in ungefähr 10 Sekunden erreicht der Tropfen seine volle Größe (ungefähr 1/2 des Sporendurchmessers!), die Spore wird ganz plötzlich weggeschleudert und reißt den Tropfen mit sich fort.
Ein Sterigma erzeugt nie mehr als 1 Spore. Die Einzelspore benötigt also bei Calocera cornea zu ihrer ganzen Entwicklung bis zur Abschleuderung ca. 1 Stunde 20 Minuten. Bei Collybia velutipes (Winterrübling) und Dacryomyces deliquesoens (Gallertträne!, kleine orangegelbe Gallerttröpfchen an Bretterzäunen, sehr häufig !!) ist dieser Zeitraum zwischen Beginn der Sporenentwicklung und Abschleuderung kleiner als 1 Stunde. Wesentlich ist, daß die Tropfenabsonderung nur wenige Sekunden vor der Abschleuderung beginnt. 15 - 30 Minuten nach der Abschleuderung der letzten Spore schrumpft die Basidie und stirbt ab.
Die Tropfengröße steht in bestimmtem Verhältnis zur Sporen- und Basidiengröße. Die Tropfen messen z. B. bei Coprinus sterquilinus (rotschneidiger, Ring-Tintling) 5 µm, bei PsalIiota campestris 2 - 3 µm. Bei letzterer Art erfolgt die Abschleuderung in folgender Reihenfolge. Denkt man sich die 4 Sporen in der Figur eines Würfelvierers, so werden abgeschleudert: 1. die Spore rechts oben, 2. die diagonal hierzu gelagerte links unten, 3. links oben und 4. rechts unten. Die Tropfenexkretion wurde bei den verschiedensten Gallert-, Rinden-, Keulen-, Stachel-, Röhren- und Blätterpilzen beobachtet. Die chemische Zusammensetzung des Tropfens konnte von Buller nicht näher untersucht werden; Hauptbestandteil wahrscheinlich Wasser; doch ist das Vorhandensein von schleimigen Bestandteilen, gelösten kristallinischen Körpern etc. vermutlich nicht ausgeschlossen.
Bei übermässiger, sowie zu geringer Tropfenabsonderung unterbleibt die Sporenabschleuderung.

Die Fallgesetze für die abgeschleuderten Sporen sind festgelegt durch Stoke's Gesetz (verbessert durch Millikan). Die Natur des Abschleuderungsmechanismus ist bis jetzt ein Geheimnis. Auch Buller kann uns hierfür trotz seiner exakten Beobachtungen keine ausreichende Erklärung geben. (Anm. d. Verf.: Auch ich habe mir schon vor Bekanntwerden von Bullers Beobachtungen Gedanken über die Ursache der Sporenabschleuderung gemacht. Bullers Angaben bieten mir nun eine sichere Grundlage, meine Gedanken hierüber zu formulieren. M. E. käme ein erhöhter Zelldruck in Frage; dieser könnte dann 1. entweder von der Basidie direkt durch das Sterigma nach der Spore gerichtet sein und diese wegschleudern, oder aber 2. in der reifenden Spore selbst entsteht ein rückwärts wirkender Überdruck, lockert die vorausbestimmte Trennungsstelle (Hilum), der von Buller beobachtete Tropfen tritt aus, und die Spore wird durch Rückstoss (Reaktionsdruck!) weggeschleudert. Gerade diese Ursache käme am wahrscheinlichsten in Betracht, da doch der Tropfen kurz vor der Abschleuderung hervortritt.) Die einzige Tatsache ist, daß Hilum und Sterigma sicher das Organ der Abschleuderung sind; wahrscheinlich geht hier eine chemische oder physikalische Veränderung vor sich, zu der die Tropfenexkretion entweder als Ursache oder Wirkung in Beziehung steht.

Wichtig für die Lösung des Abschleuderungsproblems sind:
1. das Vorhandensein des Hilum;
2. die außerordentliche Enge aller Sterigmenhälse (1 µm bei Coprinus sterquilinus, 0,5 µm bei Psalliota campestris bis zu 0,25 µm bei Arten mit sehr kleinen Basidien!) ;
3. die aufeinanderfolgende Abschleuderung der 4 Sporen;
4. das gleichbleibende Volumen der Basidie während der 4 Abschleuderungen;
5. das Nichtschwinden des Sterigmas sofort nach der Abschleuderung;
6. die immer vorhandene Wassertropfenexkretion;
7. die Fortführung des Tropfens durch die abgeschleuderte Spore;
8. die Tatsache, daß die Spore nicht berstet, sondern turgeszent bleibt bei der heftigen Abschleuderung, zu einer Zeit, wo der durch die Sporenmembran in das Sterigma führende Kanal noch offen ist;
9. der enge Durchmesser des Kanals durch die Sporemnembran und im Sterigma.
Nach früheren fälschlichen Ansichten soll eine Basidie mehr wie eine Generation von Sporen erzeugen. Eine Basidie entwickelt nur eine Sporengeneration. Dann schwindet die Basidie und sinkt in die Oberfläche des Hymeniums zurück, über die sie sich bei der allmählichen Reifung emporhob. Nach der Abschleuderung der letzten Spore bleibt nur noch ein dünner plasmatischer Wandbelag in der Basidie, sodaß auch das Plasma für eine neue Sporengeneration fehlen würde.

Die kultivierte Form von Psalliota campestris hat normal 2-sterigmatische Basidien. Einsporige mit 1 Sterigma sind jedoch auch nicht selten. 1-sterigmatische Sporen sind in diesem Fall von doppeltem Volumen als 2-sterigmatische. Das 1-sterigmatische Basidium ist jedoch von ungefähr gleicher Größe und mit demselben Protoplasmainhalte wie das 2-sterigmatische. Die herrlich symmetrische 4-sporige Basidie, die Sporenachsen im Winkel von ca. 45 0 auswärts geneigt, sodaß die Hilen einwärts gegen die Basidienachse gerichtet sind, ist typisch und charakteristisch für die Mehrzahl der Hymenomyceten. Bei den Gasteromyceten (Bauchpilzen) finden wir nie ein derart einheitliches und typisches Basidium, ebenso fehlt dort auch jegliche Tropfenexkretion; Sporenabschleuderung findet ja bei den Bauchpilzen niemals statt, hätte dort überhaupt keinen Sinn. Es ist dies alles eine gute Bestätigung für die Behauptung, daß Sterigma und Hilum als Organ der Abschleuderung zu betrachten sind, und die Tropfenexkretion hierzu in engster Beziehung steht.
Falls man annimmt, daß die Gasteromyceten von den Hymenomyceten abstammen, ist zu vermuten, daß die Abschleuderungsvorrichtung bei den ersteren allmählich überflüssig wurde, indem die Sporenproduktion in einen geschlossenen Raum verlegt würde. Die eigenartige Ausbildung von Hilum etc. würde unterdrückt, das zweckmäßige Organ verkümmerte. Die Degeneration der typischen Basidie, bei kleistokarpen Basidiomyceten ("Innenfrüchtler") findet eine gute Parallele bei der Rückbildung des typischen Ascus bei unterirdischen Ascomyceten (Trüffeln). Ein Vergleich zwischen gymnokarpen (mit offener Fruchtschicht auf der Außenseite) und kleistokarpen Fruchtkörpern sowohl bei den Ascomyceten als auch bei den Basidiomyceten lehrt uns, daß die Ausbildung der Basidie bezw. des Ascus in engster Beziehung steht zu ihrer Tätigkeit, und daß diese Abschleuderungsvorrichtung der Degeneration verfällt, sowie die Funktion unterdrückt wird und verloren geht. Zur Veranschaulichung der Sporenbahn hat Buller eine einfache Abschleuderungsmaschine gebaut. Als Geschosse dienen Kinder-Luftballons, deren Verhältnisse von Oberfläche, Volum, Wandstärke etc. im Vergleich zur Masse gut mit denen der Basidiosporen übereinstimmen. Die Ballons wurden entweder rund oder oval gewählt, ebenfalls in Übereinstimmung mit den Sporen. Die Sporenbahn zerfällt in 2 TeiIe: zuerst wird die Spore ca. 0,1 mm horizontal abgeschleudert, dann wendet sie sich durch die Schwerkraft in scharfem Bogen vertikal zum Boden. Diese Verhältnisse können mit Bullers Sporenkanone gut studiert werden. Die ovalen Sporen halten beim Fallen ihre Längsachse horizontal, sodaß sie der Luft den größtmöglichen Widerstand entgegensetzen.
Dasselbe wurde tatsächlich auch bei den Sporen von Polyporus squamosus (schuppiger Porling) beobachtet (mit dem Horizontalmikroskop !). Die kleinsten Sporen fallen am langsamsten. Dieser langsame Fall ist äußerst vorteilhaft für eine zahlreiche und weite Verbreitung der Sporen, besonders auch durch die Mitwirkung des Windes, der sie oft recht weit fortträgt, ehe sie zu Boden fallen.
Nachstehend eine kurze Tabelle über die Fallverhältnisse der Pilzsporen im Vergleich zu Distelwolle (Cnicus arvensis), welche rascher fällt, und zu dem Fall der Bakterien, die noch langsamer zu Boden sinken.
Name Fall in 1 Sekunde;
Cnicus arvensis (Distelwolle) 167,6 mm
Amanitopsis vaginata (Scheidenstreifling) ..... 4,29 mm
Polyporus squamosus (schuppiger Porling) 1,03 mm
Collybia dryophilla (Waldfreundrübling) 0,49 mm
Micrococcus freudenreichii (Bakterien) 0,133 mm
Streptococcus gracilis (Bakterien) 0,00224 mm

Kap. 2: Entwicklungsverhältnisse der EinzeIsporen bei verschiedenen Arten.
Die Entwicklungszeit einer Spore vorn ersten Erscheinen bis zur Abschleuderung ist bei den einzelnen Arten sehr verschieden. Bei dünnwandigen und farblosen ist sie kürzer als bei als bei dickwandigen und gefärbten, auch bei glatten kürzer als bei rauhen. Die Hygrophoreae (Dickblättler) benötigen zur Sporenentwicklung bedeutend länger Zeit als die Gattungen Collybia (Rüblinge), Marasmius (Schwindlinge etc.).

Der Entwicklungsdauer der Sporen nach könnte man die Blätterpilze in folgendes Schema einordnen: Leucosporae (Weißsporige), Rhodosporae (Rosasporige), Russulae (Täublinge), Melanosporae (Schwarzsporige).
Es sind 2 Stadien der Sporenentwicklung zu unterscheiden;
1. das Heranwachsen zu voller Größe (Periode 1 2. die Reifung bis zur Abschleuderung (Periode 2).
Die Reifungszeit ist normal länger als die des Heranwachsens zur vollen Größe;
Nolanea pascua (kreuzsporiger Glöckling) macht eine Ausnahme mit einer Periode 1 von 2 Stdn. 30 Min. und Periode 2 von 1 Stde. 45 Min. Mit der kürzesten beobachteten Entwicklungszeit ist Collybia velutipes (Winterrübling) angegeben, nämlich insgesamt 47 Minuten (Per. 1: 15 Min. und Per. 2: 32 Min.);
die längste beobachtete Entwicklungszeit finden wir bei Coprinus sterquilinus mit über 32 Stdn. (Per. 1: über 9 Stdn. und Per. 2: über 23 Stdn. !)
Bei Psalliota campestris Periode 1: 40 Min., Periode 2: 7 Stunden 20 Min.

Das Reifen einer Spore schließt eine Reihe von verschiedenen Vorgängen ein:
1. der Übergang des Plasmas durch das Sterigma in die Spore;
2. häufig Kernteilung in der Spore;
3. chemische Veränderungen, wie Umwandlung von Glykogen in nicht-glykogene Stoffe (beobachtet bei Coprinus sterquilinus !);
4. häufig die Bildung einer dicken, pigmentierten Endospore;
5. Vorbereitung zur Abschleuderung.
Die Reifung erfolgt bei hoher Temperatur rascher als bei tiefer, z. B. bei Collybia radicata (Wurzel-Rübling) bei ca. 59 0 Fahrenheit ( 15 0 C.) in 2 Stdn. 26 Min., dagegen bei ca. 70 0 Fahrenheit ( 21 0 C.) in 1 Stde. 34 Min. Die Entwicklungszeit ist für jede Art unter gleichen Bedingungen sehr konstant. Reife Sporen werden ohne Tropfenexkretion nicht abgeschleudert. Fruchtkörper von Collybia velutipes, Dacryomyces deliquesccns, Marasmius oreades (Nelkenschwindling), Collybia dryophila etc. verlieren ihre Lebensfähigkeit beim Austrocknen selbst während einiger Tage oder Wochen nicht; nach Befeuchtung leben sie in kurzer Zeit wieder auf und erzeugen Sporen. Das Wiederaufleben ist also nicht allein für die Marasmieae (Zählinge) charakteristisch.
Stichworte
im Text


Ascomycetes

Basidiomycetes

Speisepilze

Lamellen

Eugen Gramberg

Edmund Michael

Adalbert Ricken

Agaricus campestris

Agaricus bisporus

Coprinus

Inocybe

Pfifferlinge

Cantharellus

Cantharellus cibarius

Entoloma

Entoloma conferendum

Collybia

Gymnopus

Flammulina velutipes

Polyporus squamosus

Amanita vaginata

Gymnopus dryophilus

Hygrophoraceae

Russula

Marasmius

Marasmiaceae

Marasmius oreades

Tintling